Wann lüftest du die Maske?

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Wenn wir Stress in unserer Beziehung haben, möchten wir das zumeist nicht in den Job tragen. Manchmal setzen wir auch vor unserer Partnerin oder unserem Partner eine Maske auf, um nicht zu zeigen, dass wir eifersüchtig oder durch eine Aussage verletzt sind. Und von Jugendlichen kennen wir es, dass sie sich vor ihren Freund*innen um einiges cooler und selbstsicherer geben, als sie es in den Armen der Eltern sind.  Wir alle setzen manchmal eine Maske auf, die den Rollen, die wir in unterschiedlichen Kontexten unseres Lebens spielen, gerecht werden. Und das ist okay. Aber was, wenn wir selbst nicht mehr wissen, wann wir eine Maske tragen? Wenn wir den Bezug zu uns selbst verlieren?

Masking als Coping-Strategie

Masking ist ein Begriff aus der Psychologie. Dabei handelt es sich um eine Coping-Strategie, um Probleme im Umgang mit Mitmenschen und der sozialen Kommunikation zu überspielen. Solche Strategien werden insbesondere von Menschen mit einer Autismus-Spektrum-Störung (ASS) angewendet, da sie vermehrt Schwierigkeiten in der sozialen Interaktion haben. Aber auch Menschen ohne ASS setzen eine Maske auf und überspielen wahre Gefühle, Gedanken und Charakterzüge.

Stell dir vor, du wurdest als Kind immer für deine schüchterne Art ausgeschimpft. Du solltest deine Meinung lauter vertreten, nicht so ein „Schwächling“ sein, deinen „Mann“ oder deine „Frau“ stehen, wettbewerbsorientierter sein. Brennen sich diese Worte und Botschaften in dich ein, setzt du dir vielleicht als erwachsene Person die Maske der toughen Geschäftsfrau, des machthungrigen Karrieremenschen auf – um es deinen Eltern zu beweisen. In unserer Arbeit als Coaches arbeiten wir an solchen Glaubenssätzen, die unsere Lebenswege entscheidend prägen. Erst wenn wir wirklich im Kontakt damit sind, was diese Prägungen uns einerseits kosten, aber auch was wir von ihnen haben, sind wir in der Lage, sie auch zu verändern.

Wann setzt du die Maske auf?

Eine Studie aus Großbritannien zeigt, wie verbreitet das Maskieren von Gefühlen und Bedürfnissen bereits ist. In einer Untersuchung unter 2.000 Erwachsenen, die von discovery+ in Auftrag gegeben wurde, gab ein Drittel der Befragten an, häufig das Bedürfnis zu haben, ihre wahren Gefühle vor anderen zu verbergen.  

Fast die Hälfte sagte aus, dass niemand ihr „wahres“ Ich kennt – einschließlich Freunde, Familie und sogar der bzw. die eigene Partner*in. Gründe für dieses Masking-Verhalten sind beispielsweise, selbstbewusster erscheinen zu wollen (30 Prozent) und das „Gesicht zu wahren“ (17 Prozent). 40 Prozent der Befragten möchten ihre Angst verbergen, 36 Prozent nutzen es, um schwierige Zeiten zu überstehen. Und das ist phasenweise natürlich auch okay. Den Liebeskummer muss man nicht mit Kolleg*innen teilen wollen und sich in einem Bewerbungsgespräch selbstbewusster zu geben, als man in dieser aufregenden Situation ist, geht klar.

Aber:  64 Prozent der Befragten geben an, dass sie ihre wahren Gefühle so regelmäßig verbergen, dass selbst sie manchmal nicht erkennen können, wer sie sind.

Klingt komisch? Dann denken wir nur an Influencer*innen, deren Business quasi aus Masking besteht. Um die Lifestyle-Mom zu sein, die ihr perfektes Leben auf Instagram präsentiert. Die Fitness-Queen, die immer healthy lebt. Der attraktive Mann, der mit dem Schlafzimmerblick und der perfekten Haartolle aufwacht. Dieses öffentliche Leben, das nahtlos ins Private übergeht, ist anstrengend, weshalb man als Zuschauer*in regelmäßig darauf wartet, dass das Leben dieser Menschen Risse hat.

Ein prominentes Beispiel ist Sophia Thiel, Fitness-Influencerin. Sie konnte dem Druck irgendwann nicht mehr Stand halten, verschwand fast zwei Jahre aus den sozialen Medien, um dann mit einer neuen Haltung zurückzukehren: „Mich regt es auf, dass Influencer sich als unfehlbar zeigen und dadurch einen wahnsinnigen Druck ausüben auf die Menschen, die ihnen folgen. Man vergleicht sich und wird so unglücklich, weil man diesem Ideal niemals gerecht werden kann“, sagte sie hier in einem Interview.

Wie blickst du auf dich und in die Welt?

Man muss kein Influencer sein, um diesen Druck zu spüren. Insbesondere die Medien geben uns allen tagtäglich ein Bild davon, wie wir zu sein haben. Nur wer bei sich ist, ein (möglichst) klares Selbstbild hat und weiß, wo und wie er im Leben steht, kann sich diesem Einfluss möglichst oft entziehen. Wer sich hingegen in den Erwartungen von außen verliert, verliert auch den Kontakt zu sich selbst. Und der ist so wichtig, um sich zu spüren, Bedürfnisse zu erkennen und gut zu sich zu sein.

Eine Folge ist aber auch, dass die Kluft zwischen Selbst- und Fremdbild immer größer wird. Wenn wir nicht authentisch handeln, können wir auch viel schlechter einschätzen, was die Folgen unseres Handelns sind. Wer ein introvertierter Mensch ist, aber den ewigen Spaßmacher und extrovertierten Menschen mimt, der merkt schlechter, wann er „drüber“ ist, er fühlt es nicht. Er bemerkt nur die Resonanz, kann aber nicht sagen, warum sie so ist. Denn auf was soll er sie zurückführen, wenn sein Handeln nicht in seiner wahren Persönlichkeit, seinen eigenen Gefühlen basiert? 

Wie kommen wir ins Tun?

Erste Aufgabe ist es also, eigene Masking-Strategien aufzudecken und zu schauen, was sie „überdecken“. So enthüllen wir nach und nach (wieder) unser wahres Ich, machen uns ein ein (Selbst-)Bild und legen so den Grundstein für ein authentisches Leben, lieben und handeln. 

Möchtest auch du deine Maske fallen lassen? Dann komm am 23. September 2023 in den Coaching Laden und nimm an unserem Workshop „Ich sehe was, was du nicht siehst“ zum Thema Selbst- und Fremdbild teil. Wir freuen uns auf euch!